einsam
einsam
Impression
Impression
Naturbauwerk
Naturbauwerk
windgeschützt
windgeschützt
Wale
Wale
erfolgreiche
erfolgreiche Jagd
kitschig
kitschig

Einsamer Norden

Jetzt fahren wir die gleiche Strecke gen Norden, die wir schon vor 2 Tagen genommen haben. Bis zum Campingplatz ist uns alles wohlbekannt, abgesehen davon, dass es immer mal wieder regnet.

"Da oben in der Ecke ist es langweilig"

habe ich im Vorfeld gehört, aber wird wohl allemal besser als Ringstraße sein und außerdem ist da hinten was Cyanfarbiges am Himmel zusehen und die entfernten Berge sind in Sonnenlicht getaucht. Uns bleibt garnichts anderes übrig, als die Richtung einzuschlagen.

Die möglicherweise letzte Tankstelle finden wir in Kópasker etwas versteckt am Hafen. Eine unscheinbare Tür neben der Zapfsäule ist der Eingang zum Supermarkt, der innen erstaunlich groß ist. Noch ein paar Besorgungen und an der Kasse wird uns sogar das gesamte Kleingeld abgezählt und in handlichere Scheine und Münzen gewechselt. Danke nochmal, denn diese Münzen in Island sammeln sich unaufhaltsam im Portemonnaie an. 100Kronen Stücke sind ja noch nützlich, aber alles was kleiner ist, nervt nur. 1 Krone entspricht ca. 0,6 Cent und ist dabei fast so groß wie eine Euromünze.

Einsam ist hier oben an der Küste. Die unbefestigte Straße folgt teilweise der Küstenlinie in wenigen Metern, um dann wieder etwas ins flache Landesinnere abzudriften. Es zieht sich dahin, windig und kalt ist es, aber das Ganze hat einen eigenen, besonderen Reiz. Der schmale Strand ist übersäht mit Strandgut, neben den obligatorischen Netzen und Plastikteilen, finden sich hier auch massenhaft Baumstämme, die ihren Ursprung in Sibirien haben und dort beim Flössen verloren gegangen sind. Jetzt wird mir auch klar, woher all die umgedrehten Baumstämme herkommen, die wir häufig auf Gehöften oder auch in Brejdavik vor der Kirche gesehen haben. Einige wenige, wirklich einsame, Häuser sind am Wegesrand zu sehen. Wer hier wohnt muss schon eine Menge Einsiedlerblut im Leib haben. Am nördlichsten Punkt führt ein Weg zu einem Leuchtturm, von dort kann man angeblich durch Steinewerfen den Polarkreis erreichen. Da sowohl Susanne, als auch ich, den Polarkreis schon überquert haben, lassen wir diese "Sehenswürdigkeit" links liegen und sind jetzt wieder gen Süden unterwegs.

Das Gelände wird wieder hügeliger und der Schotter ist wieder Asphalt gewichen. Hier ist wohl einiges neu gebaut worden und wird noch gebaut, aber die alte unbefestigte Straße ist noch befahrbar, weil einige Gehöfte an ihr liegen. Durch den wenigen Verkehr ist sie allerdings schon in einem anspruchsvolleren Zustand und unsere Reifen sind auch nicht mehr die Besten für die teilweise nassen und schmierigen Passagen. Aber so was wollen wir ja und Spaß hier zu fahren haben wir allemal. Es ist wirklich einsam hier, aber tolle Ausblicke auf die Fjorde mit vorgelagerten Felsen, die in einem satten Moosgrün leuchten, Brandungswellen in Sandbuchten und von Wolken umgarnte Berge lohnen allemal einen Abstecher hier hoch. Nun wird es aber Zeit einen Platz zum Übernachten anzufahren.

Wahlewatching zum Dritten...

In Bakkafjördur werden wir fündig. Mitten im Ort ist eine große Wiese als Platz ausgewiesen. Ein Klohäuschen ist auch vorhanden, aber leider kein warmes Wasser und keine Dusche. Dafür ist die Nutzung komplett kostenlos. Das besondere hier sind die Windschutzpalisaden, die das Gelände quasi in kleine Parzellen aufteilen. Dazu gibt es massenhaft Holzbänke und schnell haben wir einen Platz für uns ausfindig gemacht. Ein deutsches Paar mit Wohnmobil ist schon hier und 2 Wagen stehen hinter dem Wall, aber ansonsten sind wir alleine, denn auch auf der Hauptstraße dieses Ortes ist nichts, aber auch Garnichts los. Etwas später kommen noch 2 isländische Caravans dazu, die geschickt mit einer Palisadenwand und mit einem zusätzlichen Tarp eine Burg bauen. Das steckt ihnen wohl im Blut ;-) Einer der Beiden kommt zu uns und fragt neugierig woher und wohin wir wollen. Seine Tochter wohnt hier und einmal im Jahr kommen sie von der Hauptstadt hier hochgefahren. Er war schon öfter in Deutschland und Österreich, da er in der Skiindustrie tätig ist. Das ist i rgendwie bezeichnend, denn alle Isländer die uns angesprochen haben, waren selbst schon mal außerhalb der Insel oder fuhren selbst Motorrad :-)

"Da ist was im Wasser!"

ruft Sanne mir zu. Einige Wale haben sich in den Fjord verirrt. Entweder sind es Orcas oder doch eher Schweinswale, so genau können wir das nicht erkennen, da sie schon weiter geschwommen sind, als wir endlich an der Kaimauer angekommen sind. Ein, mit 2 Mann besetztes, kleines Schlauchboot verfolgt die Tiere. "PENG!" ein extrem lauter Knall hallt durch den Fjord.

"Was ist da los?"

Irgendwas Langes hat der eine in der Hand, aber so genau erkennen können wir das auf die Entfernung nicht. 2 Wale sind vor ihrem Boot zu sehen. Das sieht aus wie ein Jungtier mit Mutter und wir nehmen an, dass sie das Junge harpuniert haben. Dafür spricht auch, dass das Boot sich scheinbar ziehen lässt. Die untergehende Sonne taucht die Szenerie inzwischen in ein goldenes Licht und das Schlauchboot und die Wale sind kaum noch zu sehen. Nach einiger Zeit zerreißt ein zweiter Schuss die Stille des Fjords und etwas später kommt das Boot mit irgendetwas im Schlepp vorbeigetuckert. Eine Flosse ragt hinter ihnen aus dem Wasser. Das war wohl eine erfolgreiche Jagd, die uns etwas weh tut, aber bei uns werden ja auch Tiere geschossen, die andere lieber zum Knuddeln hätten. Das gehört hier wohl zum Leben an der Küste dazu.

Ein paar Sonnenuntergangsfotos später wird es Zeit fürs Zelt. Dunkel wird es hier trotzdem nicht.

"Meine Taschenlampe habe ich wohl umsonst mitgeschleppt"

fällt mir auf, als ich den mp3-Player rauskrame, um bei etwas Musik ins Reich der Träume zu entgleiten.

  

next

- nach oben -


Text&Bilder ©2o11 - Andreas Just      Letzte Änderung: 29.o8.2o11